Altensteig. Nach einem Jahr Stillstand durften die Instrumentalisten des Altensteiger Jugendsinfonieorchesters und des Kammerorchesters nun wieder zusammenkommen. Vier Wochen mussten genügen, um den neuen Anlauf für das bevorstehende Konzert in Rahmen des Musiksommers zu nehmen und ein ebenso interessantes wie anspruchsvolles Programm vorzubereiten.

Den Wettlauf gegen die Zeit trug die Mannschaft von Jutta Hay an jedem der vier Wochenenden mit vollem Engagement aus.

Beim Einstudieren beteiligten sich die Fachlehrer der Altensteiger Musikschule Wolfgang Mücke, David Bem, Renate Harr und Danuta Platschko. Jetzt erhielt das Gesamtorchester als Siegeslorbeeren einen Beifallregen von zahlreichen und begeistert klatschenden Zuhörern in der Eichwaldhalle.

Das Ensemble „Bläsersinfonietta“ von Wolfgang Mücke eröffnete das Konzert mit „Freude, schöner Götterfunken“ aus der 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven. Aus den anfänglichen, etwas zaghaften Einsätzen erwuchs nach und nach ein einheitliches und mächtiges Klangbild voller Elan und Spielfreude, das man auch als eine symbolische Botschaft an unsere französischen Nachbarn an ihrem Nationalfeiertag verstehen konnte.

In der „Romanze“ von Max Bruch hielt sich das sinfonisch besetzte Orchester eher bedeckt und fasste das Solospiel von Franziska Rühle in einen gefühlvoll abphrasierten Rahmen ein. Die junge Geigerin glänzte mit einem sehnsüchtig-seidenen Klang, der besonders deutlich im Dialog mit der Fagotte (Mücke) zum Vorschein kam. Die Dirigentin Hay lenkte die Ströme der Emotionalität mit präziser Gestik.

Wie Hay ihren interpretatorischen Willen durchsetzen und zugleich ihre Musiker motivieren kann, bewies sie auffallend überzeugend bei der Aufführung der „Unvollendeten“ von Franz Schubert. Die zweisätzige Sinfonie bekam eine romantische Aussagekraft, lebte von düsterer Dramatik, die in tragischen Höhepunkten und Gefühlswallungen gipfelte. Von der hinreißenden Musik beflügelt, spielten junge und ältere Laieninstrumentalisten, Musikpädagogen und Schüler Hand in Hand mit Passion und befreiender Frische, sodass manch eine heikle Stelle gar nicht ins Gewicht fiel.

Im „leichteren“ Konzertteil überwog die Filmmusik. Nachdem die Töne aus „Star Wars“ von John Williams mit beinahe galaktischer Kraft explodierten, bezauberte Gina Jocher das Publikum in der Miniatur „Gabriels Oboe“ des unlängst verstorbenen Ennio Morricone mit subtilem Klang ihrer Oboe und inniger Ruhe in der Melodieführung.

Den elegant schwingenden Walzer aus der Jazz-Suite von Dimitri Schostakowitsch verwandelte die Dirigentin Miriam Klüglich in eine nostalgische Ball-Reminiszenz aus der Zarenzeit.

Zum Schluss spielte das Orchester mit genüsslicher Freude den Hit von Henry Mancini „Moon River“ aus dem Film „Frühstück bei Tiffany“, den sie als Zugabe nach dem andauernden, herzlichen Applaus wiederholten.

Es war ein Ausnahme-Konzert in jeder Hinsicht. Nach langer Untätigkeit durften sich die Musiker wieder der Öffentlichkeit präsentieren und die schwere Zeit zumindest zum Teil aus dem Gedächtnis ausradieren. Ähnlich erging es vermutlich den Zuhörern, die das Wiedersehen mit „ihrem“ Orchester ausgiebig im Foyer der Halle feierten.

(Artikel Schwarzwälder Bote Maria Kosowska-Németh 16.07.2021 – 16:16 Uhr)